Jesuit · Widerstandskämpfer
Ob ich nun katholisch oder evangelisch werden sollte, darüber stritten meine Eltern lange. Nicht, dass sie groß etwas dafür konnten. Es war eben die Zeit, in der die Kirchen herrschen wollten. Der Kampf um die Errichtung des Reich Gottes war ein Kampf um die Hoheit über die Seelen. Meine Mutter war katholisch, mein Vater evangelisch. Obwohl ich katholisch getauft wurde, übernahm mein Großvater die Erziehung, der sich damit rühmte, besonders protestantisch zu sein.
So wurde ich zuerst konfirmiert. Doch ich stritt mich immerzu mit dem Pfarrer. Seine Meinung schien ihm wichtiger zu sein als alles andere. Mit 13 Jahren meldete ich mich zur Erstkommunion an und wurde später auch gefirmt. 1926 trat ich schließlich den Jesuiten bei, um dem bürgerlich-konfessionellen Kleinkrieg zu entgehen und mich um das Wesentliche zu kümmern: Menschen zu helfen.
Mir war klar, dass die Kirchen abgeschrieben sind, wenn sie der Menschheit noch einmal das Bild einer zankenden Christenheit zumuten. Denn während die Kirchen um die Hoheit im Reich Gottes stritten, veränderte sich Deutschland zu einem totalitären Reich. Doch statt einheitlich dagegen zu sein, fehlte uns die gemeinsame Kraft.
Ich war Mitarbeiter der Jesuiten-Zeitschrift Stimme der Zeit und setzte mich in dieser mit der Ideologie der Nationalsozialisten auseinander. Die Nazis wollten den Menschen von Gott befreien, um ihn von sich abhängig zu machen. Statt Heiland: Führer. Statt Volk Gottes: Deutsches Reich. Statt Befreiung: Herrschaft. Ich schrieb dagegen an, bis uns 1941 die Druckerlaubnis entzogen wurde.
Um dem Wehrdienst zu entgehen, wurde ich Gemeindepfarrer. Im Geheimen traf ich mich mit dem Kreisauer Kreis, um an einer Gesellschaft nach Hitler zu arbeiten. Wie konnte eine solche gerechte Gesellschaft aussehen? Wie auch immer sie wurde, ich habe sie nicht mehr erlebt. Denn aus unserem Kreis gab es Verbindungen zum Stauffenberg-Attentat auf Hitler. Auch mich inhaftierten sie, folterten mich und wollten Namen. Doch ich sagte ihnen nichts.
Am 2. Februar 1945 wurde ich, Alfred Delp, erhängt. Ich war überzeugt, dass das Klare zu suchen, das Wahre zu tun und die Liebe zu leben uns gesund machen wird. Denn der Mensch ist so viel Mensch, wie er liebt.
Ich war eine Sklavin. Lange Zeit meines Lebens habe ich im Haushalt einer Familie mitgearbeitet. Als solche gab man mir immer unterschiedliche Namen und am Ende landete ich bei Lydia, der Frau aus Lydien. Letztendlich war es nicht wichtig, wie ich hieß, sondern nur, dass ich meine Arbeit gut machte. Und das tat ich. So gut, dass mich der Familienvater immer wieder entlohnte. Ich sparte das Geld, bis es genug war, um mich freizukaufen. Bei meiner Familie lernte ich den Handel und so baute ich mir nach und nach einen Purpur-Handel auf. Nach Jahrzehnten als Sklavin hatte ich es nach ganz oben geschafft. Ich hatte ein eigenes Haus, brauchte keinen Mann, der mich finanzierte, und bot eine Ware an, die bei der Oberschicht begehrt war.
All die Jahre hatte ich stets das Gefühl, begleitet worden zu sein. Eine Kraft, die mich hielt und leitete. In meiner Stadt Philippi gab es eine bunt gemischte Bevölkerung mit vielen Religionen nebeneinander. Mich jedoch zog das Judentum an. Denn die Geschichten von Gott, der sein Volk nicht im Stich lässt, und das Vertrauen darauf, dass er es endgültig befreit, hatten bereits so viel Widerhall in meinem Leben gefunden. Doch war es für mich nicht einfach, zu konvertieren. Denn als Purpurhändlerin hatte ich es mit vielen reichen Geschäftsleuten aus der Oberschicht zu tun, die vornehmlich dem römischen Kult anhingen. Ich traf mich regelmäßig mit Frauen, denen es ähnlich ging, am Fluss vor den Stadttoren, wo wir gemeinsam beteten.
Eines Tages kamen zwei Männer dazu. Sie waren Wanderprediger, wie so viele zu der Zeit. Doch statt vor Weltuntergang zu mahnen und sich selbst zu profilieren, beteten sie zuerst mit uns, um uns danach zu unterhalten. Wir erzählten von unserer gemeinsamen Suche und sie von der Hoffnung, die sie trug.
All der Zweifel, ob die Entscheidung zu Gott mir schaden könnte, war vergessen. Jetzt, da Gott bewiesen hatte, dass er es ernst meinte, wollte ich es ihm gleichtun. Ich bat Paulus, so hieß der eine von denen, mich zu taufen.
Ich, Lydia, bin die erste getaufte Christin aus Europa. Ich leitete eine Gemeinde und verkündete das Evangelium.