Die Wüste war mir schon immer vertraut. Ich wuchs, umgeben von Wüste, zusammen mit meiner Schwester und meinen Eltern in Ägypten auf. Wir waren Bauern und lebten vom Leben, das der Nil uns schenkte und nahm. Die Eltern meiner Eltern hörten von der Erzählungen des Evangelisten Markus und traten damals zum Christentum über. Um uns gab es viele Christ:innen. Zu meinem Glück durfte ich lesen lernen und so las ich oft in allen Schriften der Christ:innen, die ich bekommen konnte.
Als ich zwanzig Jahre alt war, starben meine Eltern. Ich bin davon überzeugt, dass Gott uns auf drei Wegen ruft. Zum einen dadurch, dass wir die Stimme Gottes in uns hören und uneingeschränkt vertrauen, so wie es Abraham tat. Zum anderen durch das Nachfolgen und Beachten des Gesetzes, das Gott Mose gab. Und zum Dritten durch den totalen Verzicht, um Körper und Seele zu reinigen, um wieder auf Gott hin offen zu sein.
Mit dem Tod meiner Eltern merkte ich, dass meine Gedanken nur noch um mich selbst kreisten und es keinen Weg gab, ein Gesetz zu befolgen oder Gott in mir zu hören. Ich entschied mich, all das Erbe zu verkaufen, meine Schwester zurückzulassen und zum Ort totalen Verzichts zu gehen: in die Wüste.
Immer wieder kamen die Gedanken an das Vertraute: an familiäre Geborgenheit, dörfliche Geselligkeit, sexuelle Freuden und alten Wohlstand zurück. Doch ich lernte Tag für Tag mehr, mich selbst immer wieder zu töten. Ich suchte Hesychia, den inneren Frieden.
Ich blieb nicht lange allein in der Wüste. Im römischen Reich jagte man wieder Christ:innen. Viele blieben in der Stadt, einige flüchteten in der Wüste. Sie sahen mich als weise an. Ich lehrte ihnen die drei Wege zu Gott. Sie erkannten, dass ihr Leben in der Wüste ebenfalls ein Martyrium sein kann. Sie opferten all ihre Bedürfnisse in der Wüste. Zusammen waren wir allein und folgten auf unsere Art und Weise Gott.
356 starb ich, Antonius der Große. Ich gehöre zu den Wüstenvätern und bin Begründer des christlichen Mönchtums. Bis zum Ende habe ich mit allem, was ich geben konnte, Gott gesucht.
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