Gründer der ökumenischen Communauté de Taizé
Spannungen konnte ich gut aushalten. Ich lernte meinen Glauben aus vier Perspektiven kennen. Mein Vater war reformierter Pfarrer, meine Mutter Protestantin, die Witwe, die sich ab und an um uns kümmerte, Katholikin. Und als ich erkrankte und purer Zweifel mich erfasste, lernte ich das Nichtglauben als vierte Perspektive kennen.
Eigentlich wollte ich Schriftsteller werden. Doch als der Verlag von mir Korrekturen an meinem Werk verlangte, sah ich davon ab. Ich folgte dem Rat meines Vaters und studierte evangelische Theologie. Mich faszinierte das Mönchtum. Der Protestantismus hatte es verlernt. Aber ich war mir sicher, dass die Einfachheit des Lebens eine Stärke für die Versöhnung des Christentums war.
Ich suchte in meiner Abschlussarbeit nach Lösungen und gleichzeitig nach einem Haus, das mir praktische Versuche ermöglichte. Ich suchte etwas Abgelegenes und fand das fünfzig Personen große Taizé.
Es lag an der Grenze des besetzten und unbesetzten Frankreichs. Es war ein perfekter Ort, um den Menschen während des Krieges Schutz und Flucht zu ermöglichen. Regelmäßig rettete ich Menschen in die Schweiz. So auch, als die Gestapo von unserem Haus Wind bekam und es stürmte. Ich konnte erst einmal nicht zurück nach Taizé. So beendete ich mein Studium und hoffte auf bessere Zeiten.
Doch auch in Genf hörte ich nicht auf, an der Idee einer Gemeinschaft zu arbeiten. Und so konnte ich im Herbst 1944 zusammen mit drei Freunden zurück nach Taizé. Wir machten da weiter, wo wir aufgehört hatten, und kümmerten uns um die Verletzten des Krieges – beider Seiten. Der Krieg hatte schon genug Wunden gerissen. Ich wollte versöhnen.
Wir spürten, dass unsere Gemeinschaft uns trug. So beschlossen wir 1949, mit sieben Brüdern eine Profess abzulegen. Wir gründeten die Communauté de Taizé. Unser Ziel: Die Versöhnung. Es kam das Konzil der Jugend, es folgten regelmäßige Treffen. Immer mehr junge Menschen besuchten uns über die Jahre. Wir hielten es einfach. Und das half ihnen, sich, andere und Gott zu verstehen.
Am 16. August 2005 wurde ich, Frère Roger, während des Abendgebets erstochen. Ich habe nichts Neues erschaffen, sondern Bekanntes versöhnt.