Martin von Tours

Mein Vater wusste, wie man Karriere macht. So war er selbst im Militär und, obwohl er Heide war, erkannte er früh, dass es für seinen Sohn sinnvoller ist, Christ zu sein. So wurde ich mit 10 Jahren bereits Teil der Taufbewerber. Mich faszinierte vor allem das Minimale, wie es die Mönche lebten. Doch mein Vater setzte nie nur auf ein Pferd. Deswegen drängte er mich dazu, mich für das Militär zu verpflichten. Im Alter von 15 Jahren gehörte ich zur Leibwache von Konstantin II.

Ich hatte es gut und sah viel vom Land. Dabei war das Leben, was ich lebte, so weit weg von dem, was mich faszinierte. Immer, wenn wir in eine Stadt kamen, waren wir etwas Besonderes. Wir saßen auf einem hohen Ross, die Menschen schauten zu uns hoch. Mir gefiel es. Ich hinterfragte es nicht. Bis zu dem Tag im Winter, als ich nur einen kurzen Ausritt außerhalb der Stadt machen wollte. Doch ein Schneesturm überraschte mich. Gerade so schaffte ich es zurück zum Tor. Ich wollte hineinreiten, als ich einen Jungen sah, halb schon von Schnee bedeckt und nicht viel älter als ich. Ich stieg ab. Fühlte. Er war kalt. Der Atem schon schwach. Ich zerschnitt den Mantel, der mich warm hielt, und wickelte den Jungen ein. Zusammen mit ihm ging ich in die Stadt. Ich sorgte für einen warmen Platz am Feuer und etwas zu essen. Als ich wusste, dass er versorgt war, machte ich mich auf den Weg zurück zur Kaserne.

Der Anblick des Jungen im Schnee ließ mich nicht los. Ich träumte von ihm. Ich träumte von dem, was mich eigentlich an den Christ:innen faszinierte: Die Nächstenliebe. Ich musste etwas ändern und bat am nächsten Morgen um die Entlassung aus dem Militärdienst. Denn ich wollte nicht mehr für den Machterhalt des Kaisers kämpfen, sondern für die Werte und Überzeugungen des Christentums. Der Wunsch wurde mir immer wieder verweigert.

Ich ließ mich taufen und hörte auf zu kämpfen. Trotzdem leistete ich noch die ganzen 25 Dienstjahre ab, bis ich regulär entlassen wurde. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als die Einsamkeit mit Gott. Doch die Menschen sahen in mir ein Vorbild. Folgten mir. Wollten wissen, was in mir brennt. Ich hatte eine neue Mission. Ich bekehrte andere zum Christentum, wie ich gelernt habe, zu erobern. Altes brannte ich nieder und baute neue Klöster und Kirchen. Bischof wollte ich nie werden. Doch selbst die Gänse drängten mich dazu. So nahm ich auch diese Aufgabe an.

397 starb ich, Martin von Tours. Ich wollte allein sein und war dabei stets für andere da.

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