Heilige der First Nations
Wo ist eigentlich mein Platz, wenn ich doch nirgendwo so richtig dazugehöre? Meine Familie verlor ich an die Pocken, als ich vier Jahre alt war. Ich selbst überlebte, aber nur mit vielen Narben im Gesicht und halb blind. Mein Vater war Mohawk, meine Mutter Algonkin und Katholikin, ein Mitbringsel von einem seiner Feldzüge. Ich musste nun ohne sie bei meinem Onkel aufwachsen. Dort nannte man mich Tekakwitha – das bedeutet die, die gegen Dinge stößt.
Für die Mohawk waren die Franzosen Feinde, die ihnen das Land stehlen und ihren Glauben durch den eigenen ersetzen wollten. Der Stamm meines Onkels führte Krieg, doch unterlag letztendlich. Sie wurden gezwungen, Missionare bei sich leben zu lassen. Ich sollte mich um sie kümmern, weil ich hässlich und als Tochter einer Katholikin im Stamm ohnehin nicht erwünscht war.
Ich wusste, dass die Franzosen viel Leid über uns gebracht haben, aber wenigstens redeten sie mit mir. Sie fragten mich, wer ich bin, wie es mir geht, ob sie etwas für mich tun könnten. Zum ersten Mal fühlte ich eine Heimat. Aber nicht bei ihnen, sondern bei dem, von dem sie erzählten. Um mich wieder an den Stamm zu binden, versuchte man, mich zu verheiraten. Es gab nur einen Weg, dem zu entkommen: Ich musste mich unter den Schutz des Heiligen stellen, mich taufen lassen und Jungfräulichkeit versprechen.
Als der Stamm von meiner Taufe und meinem neuen Namen Kateri erfuhren, schäumten sie vor Wut, misshandelten mich und gaben mir kein Essen mehr. Ich musste fliehen. Richtung Norden. 300 km. Zu einer Missionsstation der Jesuiten. Dort lebte auch eine alte Freundin meiner Mutter, die ich noch aus Kindheitstagen kannte. Obwohl ich erst 21 war, nahmen sie mich in die Gemeinschaft auf.
Meine Herkunft nahmen sie nicht ernst. Ich sollte Christin werden, keine First Nation bleiben. Doch ich war nicht bereit, mich zu entwurzeln. Und es gab einige von mir. Stolze First Nations, die ihre Heimat im Christentum gefunden hat. Für diese wollte ich eine Gemeinschaft gründen. Doch man fürchtete das Fremde und stets legten sie uns Steine in den Weg. Bis ich mit 24 Jahren nicht mehr konnte.
Am 17. April 1680 starb ich, Kateri Tekakwitha. Wenn es in der Welt keinen Ort für Dich gibt, dann schaff einen – nicht nur für Dich.