Sophie Scholl

Widerstandskämpferin

Wann lohnt es sich, für etwas zu sterben? Und was gibt Dir Sicherheit, wenn alles, was Dir sicher schien, zerfällt?

Am Anfang war ich begeistert von den Ideen der Nationalsozialisten: Etwas Neues schaffen. Zusammenhalten. Gemeinschaft. Ich und auch mein Bruder Hans waren Teil der Jugend, die feierte, dass eine neue Ära des Aufbruchs begann. So trat ich 1934 dem Bund Deutscher Mädel bei. Ich war sehr engagiert und wurde sogar Scharführerin. Mutproben und Härtetests standen auf dem Programm. Wir wollten fit sein für all das, was Deutschland erwarten wird. Ich war 12 Jahre alt und fasziniert davon, wie Menschen mich ansahen. Als Scharführerin wurde ich selbst von Erwachsenen ernst genommen.

Meine scheinbar perfekte Welt bekam nach und nach Brüche. Wir dachten, dass wir an etwas Großem arbeiteten, doch in Wirklichkeit wurde alles enger. Nicht Freiheit, Verantwortung und Wahrheit standen im Mittelpunkt, sondern Uniformität und Drill. Hans, leidenschaftlicher Sänger und Sammler, durfte bald schon nicht mehr alle Lieder spielen, die er wollte.

Wenig später flog er aus seiner Jugendgruppe, weil er willkürliche Entscheidungen nicht mittrug. Ich hörte von einem Lehrer, der ins Konzentrationslager kam, weil er kein Nationalsozialist war. Immer mehr durchbrach die Klarheit die vorgespielte, heile Welt. Und mir wurde immer mehr bewusst, dass dieses System Menschen hasst.

Ich zog mich zurück und schuf mir selbst eine Insel: Bei meiner Familie, in der Literatur und christlichen Schriften. Ich wollte eigentlich mit all dem nichts mehr zu tun haben. Doch es gab keine Freiheit mehr und ich wurde in den Reichsarbeitsdienst eingezogen.

Mein Leben änderte sich, als mir in der Münchner Universität, an der ich mich für Biologie und Psychologie einschrieb, ein Flugblatt in die Hände fiel. Es rief zum Widerstand gegen Hitler auf. Darauf Stand: Die weiße Rose lässt Euch keine Ruhe! Genau das hatte Hans immer gesagt. Er hatte sich dazu entschieden, aktiv für die Freiheit zu kämpfen, und ich schloss mich ihm an. Wir kämpften bis zum Schluss.

Am 22. Februar 1943 starb ich, Sophie Scholl. Ich wurde ermordet von Menschen, die Angst hatten vor der untrennbaren Verbindung von Freiheit, Verantwortung und Wahrheit.

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