Hildegard von Bingen

Universalgelehrte · Kirchenlehrerin

Ich war kein starkes Kind, sagte man mir. Immer schon etwas gebrechlich. Und als zehntes Kind der Familie wurde ich Gott geweiht. Mein Weg war vorbestimmt: Ich hatte Teil der Kirche zu sein. Da war keine Lust oder Passion. Da war einfach nur die Tatsache, dass neun Kinder vor mir waren.

Seit meinem dritten Lebensjahr begleitete mich ein Licht. Außer mir sah es niemand, aber wenn ich es sah, merkte ich, wie meine Gedanken sich sortierten und Klarheit kam. Ab meinem achten Lebensjahr wurde ich für mein Leben als Nonne vorbereitet. Jutta, nur acht Jahre älter als ich, unterrichtete mich. Mit zwanzig legte ich die Profess ab. Wir lebten vollkommen von der Welt abgetrennt in einem Kloster. Es gab nur uns.

Weitere zwanzig Jahre später wählten mich die Schülerinnen zu ihrer neuen Magistra. Ich, selbst so aufgewachsen wie sie, begriff, dass das Leben hier eine Illusion war und wir als Personen keine Rolle spielten. Ich lockerte die Askese, änderte die Speisebestimmungen und kürzte die Gebetszeiten.

Nicht um weniger, sondern um mehr Freiheit für Gott bereitzuhalten. Unserem Abt gefiel es nicht. Für ihn sollten wir eingeschlossen bleiben. Als ich merkte, dass er kein Interesse an Veränderung hatte, folgte ich meinem Herzen und gründete mit 18 Schwestern, gegen seinen Protest, ein neues Kloster.

In mir sah man allzu oft nur eine kränkliche Frau. Doch sie unterschätzten mich. Ich schrieb die Visionen auf, die mir beim Licht kamen, und berief mich auf sie. Sie glaubten nicht, dass eine Frau aus eigener Kraft theologische Kenntnisse hatte, aber sie glaubten an Visionen.

Bei allem, was ich einforderte, war mir wichtig, dass die Gerechtigkeit immer über dem Gehorsam stand. So beriet ich die Mächtigen und stritt mit ihnen. Getragen von der Überzeugung, dass die Liebe keinen Menschen ausschließt. Ich wusste, dass der Mensch Gott nicht begreifen konnte, also konzentrierte ich mich darauf, dass der Mensch sich selbst verstand, um zu wissen, was Gott geschaffen hat.

Am 17. September 1179 starb ich, Hildegard von Bingen. Ich habe gezeigt, dass es wichtiger ist, dem Herz zu folgen, als Gehorsam zu leisten. Ich bin Universalgelehrte und Kirchenlehrerin.

Q: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Hildegard_von_Bingen
https://www.heiligenlexikon.de/BiographienH/Hildegard_von_Bingen.html
https://www.bistumlimburg.de/fileadmin/redaktion/Bereiche/hildegardvonbingen.bistumlimburg.de/downloads/DBK_5258_Arbeitshilfe_Hildegard_von_Bingen.pdf

http://www.geschichtsquellen.de/autor/2821

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